Das Beffchen – ein Stöffchen und die innerevangelische Ökumene

Ein Stückchen Stoff, das den Unterschied macht - Von Pfarrerin i.R. Dorothea-Elisabeth Alders

Nur ein kleines Stückchen Stoff, das den Unterschied macht: das Beffchen (sprachgeschichtlich von „biffa“: Halsbinde, Mühlkragen)
Es wird gesteckt, gebunden oder geknöpft über der gottesdienstlichen Amtskleidung einer Pfarrer*in, dem traditionell schwarzen Talar, getragen. Wer möchte, trägt es mit oder ohne Hohlsaum, mit eingearbeitetem Kreuzen, dem Kronenkreuz (Zeichen der Diakonie) oder den griechischen Buchstaben Alpha und Omega, dem Fisch (ehem. geheimes Erkennungszeichen/Logo christlicher Gemeinden, als der Glaube unter den Römern noch verboten war), mit Lutherrose oder Regenbogen oder anderen Symbolen… 
Ich mag es schlicht – und trage das lutherische Beffchen mit zwei offenen Streifen. So ist mein Bekenntnis erkennbar: Ich komme aus der lutherischen Landeskirche Hannover und wurde dort auch nach dem lutherischen Bekenntnis ordiniert.
Wer nach reformiertem Bekenntnis ordiniert ist, trägt hingegen beide Streifen geschlossen und zusammengenäht. Das reformierte Bekenntnis entstand etwas später mit Calvin und Zwingli, die ein andere theologische Auffassung von Theologie und Gottesdienstordnung (Liturgie) haben. 

Unierte Landeskirche

Wir hier in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) sind tatsächlich etwas jeck (mit Humor betrachtet), denn wir arbeiten unter einem Dach mit verschiedenen evangelischen Konfessionen (Bekenntnissen) zusammen, d.h. uniert (vereint). Diese innerevangelische Ökumene finde ich großartig, denn sie erlaubt beispielsweise mir als lutherische Pfarrerin in einer reformierten oder unierten Gemeinde zu arbeiten, d.h. zu taufen, zu trauen, zu beerdigen, das Abendmahl zu feiern und zu predigen. Das unierte Beffchen ist halb zugenäht und halb offen. Es teilt also beide Varianten – lutherisch und reformiert und trägt so ein beide Bekenntnisse verbindendes (eben uniertes) Gesicht.

Immer ist das Beffchen aus naturbelassenem feinen Leinen und erinnert an die biblische Geschichte von der Auferstehung und die österliche, frohe Botschaft Jesu Christi (Johannes 20: Hier wird zweimal das Leinentuch im leeren Grab genannt). Einige sagen auch, beide Streifen des Beffchen erzählen etwas über den unbedingten Zusammenhang von Gesetz und Evangelium, von Gebot und Gnade Gottes, deren Einheit in den verschiedenen evangelischen Bekenntnissen unterschiedlich betont wird.

Vom Bartschoner zum Erkennungszeichen

Wir Pastorinnen/Pfarrerinnen müssen übrigens eigentlich kein Beffchen tragen, denn es ist ursprünglich ein Bartschoner. Darum tragen manche Frauen über dem schwarzen Talar einen weißen Kragen. Ich habe mich allerdings dagegen entschieden, weil ich einfach auf einen Blick als evangelische Pfarrerin erkannt werden möchte – und mein Beffchen trägt dazu bei. Es ist schon lange bekannt als Kennzeichen evangelischer Pfarrer/Pastoren, lange bevor schließlich auch Frauen zu Pfarrerinnen/Pastorinnen ordiniert wurden.

Inzwischen aber ist es viel freier, offener, darum auch diverser und tatsächlich bunter geworden in unserer evangelischen Kirche: Manche möchten auch keinen schwarzen Talar mehr tragen, predigen wir doch nicht allein den protestantischen Ernst, sondern auch die frohe Botschaft.

In unseren Gemeinden entscheidet das Presbyterium bisher, ob ein/e Pfarrer*in auch einen weißen Talar (Albe), also auch kein Beffchen und/oder eine bunte Stola (langer Schal) über dem Talar tragen darf. Ich besitze auch eine sehr schöne und mit biblischen Geschichten gestaltete Stola, allerdings habe ich sie hier in der Diaspora nie getragen, denn reformiert geprägte Presbyter*innen fanden das „zu katholisch“.

In anderen evangelischen Gebieten aber wie bspw. Niedersachsen ist die innerevangelische Ökumene keineswegs selbstverständlich. Den Lutherischen sind die Reformierten so fremd (die Unierten gibt es da meines Wissens gar nicht), dass wir eher wissen, wo eine katholische, eine muslimische oder jüdische Gemeinde zu finden ist, als unsere evangelischen, nicht-lutherischen Glaubensgeschwister. Im Rheinland jedoch spielt der Unterschied zwischen den verschiedenen evangelischen Bekenntnissen keine große Rolle mehr, den meisten Menschen ist das nicht mehr wichtig oder sogar völlig unbekannt. 

Pfarrerin i.R. Dorothea-Elisabeth Alders

Mit diesem Beitrag endet die kleine Reihe des Kirchenkreises über die Dienstroben des Pfarrpersonals. Die Beiträge über farbige Stolen oder den weißen Talar können ebenfalls nachgelesen werden.

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