Kluge und tatkräftige Frauen zu Gast im Kirchenkreis Aachen

Ausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517“ ging in Alsdorf zu Ende und ist im November in Kornelimünster zu sehen – „Beeindruckend, wie viel Mut diese Frauen hatten!“

Kluge Frauen, die schon früh selbständig dachten und laut ihre Gedanken äußerten, Herrscherinnen, die auch gegen Widerstände ihre Ansichten durchsetzten und tatkräftige Helferinnen, die Arme und Verfolgte unterstützten – beeindruckende Frauen aus 500 Jahren Reformation also, waren in den vergangenen zwei Wochen in der Martin-Luther-Kirche in Alsdorf zu Gast. In der Wander-Ausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517“ konnten Besucher sich nicht nur auf Roll-Ups über Leben und Wirken von 15 exemplarischen reformatorischen Frauen-Persönlichkeiten informieren, sondern ihnen auch in Form von lebensgroßen Holzfiguren näherkommen. Ein Selfie mit Katharina von Bora, Sibylle von Jülich Kleve Berg oder Dorothee Sölle – warum nicht?

"Die Reformation geht immer weiter"

Eine Gelegenheit, mehr über die Reformatorinnen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert zu erfahren, bot auch das Begleitprogramm zur Ausstellung mit einem Gottesdienst zur Eröffnung und drei Vortragsveranstaltungen. Die Frauen-Frühstücksgruppe aus Mariadorf besuchte am Dienstagvormittag mit Pfarrerin Petra Hartmann die Martin-Luther-Kirche zu einer Ausstellungsführung mit Info-Schwerpunkt zur Theologin Ilse Härter. „Wie Sie sehen, war die Reformation kein einmaliges Ereignis, sondern sie geht seitdem immer weiter“, sagte Pfarrerin Annegret Helmer bei ihrer Begrüßung der Gruppe im Kirchraum. Grob sei die Ausstellung in drei Gruppen von Frauen eingeteilt, erklärte sie: reformatorische Schriftstellerinnen, Fürstinnen und frühe Pfarrfrauen beziehungsweise Theologinnen. „Wie auch Ilse Härter hier“, sagte sie und deutete auf die hinter ihr stehende Holzfigur. „Die erste ordinierte Theologin der rheinischen Kirche, und damit eine frühe Amts-Schwester von Frau Hartmann und mir!“

Außergewöhnliche Frauen aus mehreren Jahrhunderten

In einem ausführlichen Vortrag, der die meisten der dargestellten Reformatorinnen erwähnte, lernten die Besucherinnen unter anderem Argula von Grumbach kennen, welche sich schon 1523 als „Flugschriftautorin mit Mut“ hervortat und sich als eine der frühesten Reformatorinnen schon damals „den Mund nicht verbieten ließ“, wie Pfarrerin Helmer sagte. Die vergleichsweise bekannte Katharina von Bora, die Ehefrau Luthers, kam im Vortrag ebenso zur Sprache wie Magdalena Heymair, welche vor allem die Bildung von Mädchen förderte und Lehrmittel entwickelte, damit diese selbst die Bibel lesen konnten. Elisabeth von Rochlitz, die im Streit mit ihren katholischen Schwiegereltern nicht klein beigab, sondern in ihrem eigenen kleinen Herrschaftsbereich in Sachsen die Reformation umsetzte, oder Friederike Fliedner, welche im 19. Jahrhundert elf Kinder zur Welt brachte, von denen nur drei überlebten, und gleichzeitig als erste Vorsteherin der von ihr und ihrem Mann gegründeten Diakonissenanstalt Kaiserswerth wirkte.

"Sehr gute und lehrreiche Ausstellung"

„Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie viel Mut die Frauen in früheren Jahrhunderten schon hatten“, sagte zum Beispiel Ausstellungsbesucherin Petra Prothmann aus Alsdorf nach dem Vortrag. „Von der einen oder anderen Frau hatte ich schon mal gehört, aber dass es so viele waren, hätte ich nicht gedacht.“ Auch Elvira Albert äußerte sich sehr angetan von der Ausstellung: „Das Thema interessiert mich, und ich finde die Ausstellung sehr gut und lehrreich“, sagte sie. „Ich freue mich schon auf weitere Infos zu Ilse Härter, deren Lebenslauf mich in gewisser Weise sehr an meine Großmutter erinnert!"

Die Stimme der Frauen in der Kirche stärken

Die Theologin Ilse Härter stellte Pfarrerin Helmer der Frauengruppe dann nach einem Frühstück im Luthersaal näher vor. „Es war mir immer ein Anliegen, die Stimme der Frauen in der Kirche zu stärken“, sagte sie. Deshalb habe sie die Wander-Ausstellung nach Alsdorf geholt. In der Betrachtung der früheren Reformatorinnen begegneten einem viele aktuelle Themen, meint Pfarrerin Helmer. Zum Beispiel, dass Frauen eine gute Ausbildung brauchen, um ihre Fähigkeiten zu entfalten. Dass der Glaube davon lebt, dass Frauen ihren eigenen Weg gehen, den ihr Gewissen ihnen vorgibt. Dass sie die ihnen zudiktierte Rolle verlassen, um selbst zu leiten und mitzubestimmen. „Was mich vor allem an diesen Frauenfiguren fasziniert, ist, dass sie getan haben, was notwendig war“, sagte sie. „Sie haben zum Beispiel Armen und Verfolgten geholfen, auch wenn sie sich selbst dadurch in Schwierigkeiten brachten. Es zählt, was der Nächste braucht: Das ist die ewig aktuelle Botschaft, an der die Glaubwürdigkeit der Kirche hängt.“

Ökumenischer Aspekt wie zum Reformationsjubiläum 2017

Zum Ende des Vormittags dankte Pfarrerin Petra Hartmann ihrer Kollegin für den lebendigen Vortrag und die großzügige Gastfreundschaft. „Es freut mich, dass heute auch viele katholische Frauen dabei waren und der Ausstellungsbesuch dadurch einen ökumenischen Aspekt hatte – so wie wir schon unser Reformationsjubiläum im vergangenen Jahr gefeiert haben.“

Nach dem Ende der Ausstellung in Alsdorf bleibt diese zunächst im Kirchenkreis Aachen und kann – bei spontanem Wunsch und Möglichkeit – jetzt noch in einer anderen Gemeinde gezeigt werden. Vom 4. bis 18. November wird die Ausstellung dann im Evangelischen Gemeindezentrum Kornelimünster, Schleckheimer Straße 12-14, in Aachen zu sehen sein.

(Text: C. Braun/Kirchenkreis)