Sehr gut besuchte Gemeindeversammlung

Aus Anlass der Visitation der Gemeinde durch den Kirchenkreis - Presbyterium weiterhin nicht vollständig besetzt

Damit hatte die Christusgemeinde nicht gerechnet. Schon zehn Minuten vor dem Gottesdienst reichten die aufgestellten 60 Stühle nicht aus, musste noch eine weitere Reihe ergänzt werden und später noch Stühle aus dem Fundus geholt werden. Groß war also das Interesse der Gemeindemitglieder, bei der Gemeindeversammlung im Anschluss an den Gottesdienst über den Status der Gemeinde informiert zu werden. Anlass war die turnusmäßige Visitation der Gemeinde durch den Kreissynodalvorstand (KSV), das Leitungsgremium des Kirchenkreises Aachen.

Doch zunächst feierten die sieben Vertreter*innen des KSV und mehr als 70 Besucherinnen und Besuchern gemeinsam Gottesdienst im Luthersaal unterhalb der Alsdorfer Martin-Luther-Kirche.
Nach einer kurzen Pause, in der nur wenige den Gemeindesaal verließen, stellten sich die anwesenden Mitglieder des KSV kurz vor, bevor Pfarrer Joachim Geis als Vorsitzender des Presbyteriums der Christusgemeinde durch die Tagesordnung führte.

Herausforderungen der Kinder- und Jugendarbeit

Von den mind. 35 Arbeitsplätzen der Gemeinde (in unterschiedlichstem Stundenumfang) wurden mehrere im vergangenen Jahr neu besetzt. Etwas ausführlicher stellten sich die neue Leiterin der KOT in Alsdorf, Denise Vogt, und Silke Westerhausen, die neue Leiterin des Würselener Familienzentrums „Sonne, Mond und Sterne“ vor. Beide stehen vor der Herausforderung, für Kinder nicht nur deren Familien zu ergänzen, sondern zunehmend auch zu ersetzen. Das Etablieren von festen, verlässlichen Strukturen und Ritualen, Respekt und Wertschätzung für sich selbst und das Gegenüber gehören dazu, aber auch ganz praktische Dinge wie Deutschkenntnisse oder das Wissen, wie man ein gesundes und nahrhaftes Essen zubereitet.

Nach der umfangreichen und beeindruckenden Auflistung der Angebote und Aktivitäten innerhalb des Gemeindelebens durch Pfarrer Joachim Geis stellte Christine Paulus die Seniorenarbeit der Gemeinde ausführlich vor. Als eine Erkenntnis aus der 2021 angestoßenen neuen Gemeindekonzeption wurden neue Formate für Senior*innen angestoßen, so etwa gemeinsame Fahrten und ein Runder Tisch, um sich über Erwartungen und Ziele klarer zu werden. Ein erstrebenswertes Ziel ist die bessere Vernetzung der verschiedenen Angebote der einzelnen Bezirke. Ein anderes Ziel ist es, mehr innovative oder aktivierende Angebote wie kulturelle Ausflüge oder Aktionen beim Gemeindefest zu machen. 

Aktuelle Zahlen fehlen

Vor der finalen offenen Fragerunde präsentierte Pfarrer Wolfgang Willnauer-Rosseck Zahlen und Fakten zum Gemeindeleben. Vier Kirchen, drei Gemeindezentren, zwei gemietete Pfarrhäuser und ein eigenes, dazu das Gemeindebüro mit Kita in Alsdorf und die entwidmete Kirche in Ofden mit dazugehörigem Grundstück und mehrere vermietete Wohnimmobilien – einerseits Werte auf der Haben-Seite, aber natürlich auch Verpflichtung zu Unterhalt und Ertüchtigung mit den entsprechenden Kosten. So führte Pfarrer Willnauer-Rosseck aus, dass zwischen den geschätzten Einnahmen der Kirchengemeinde von 3,9 Millionen Euro und dem geplanten Haushalt für 2024 von 4,15 Millionen Euro eine Lücke von 250.000 Euro steht. Diese könne aktuell aus dem Guthaben beglichen werden, aber das dürfe natürlich kein Dauerzustand sein. Zusammen mit der Vorgabe der Rheinischen Landeskirche, bis 2035 sämtlich Gebäude klimaneutral zu betreiben, bedeute dies, dass entsprechend ganz genau hingeschaut werden müsse, welcher Bestand zukunftsfähig sei. Dies soll im Rahmen einer Gebäudebedarfsanalyse bis zum Jahr 2027 geschehen.

Ein genereller Unsicherheitsfaktor bei den Haushaltsplanungen sei, so Willnauer-Rosseck, das Fehlen aktueller Zahlen über die tatsächlichen Ausgaben in der Vergangenheit. Diese liegen derzeit nur bis September 2022 vor. Hier versprach Superintendent Hans-Peter Bruckhoff, dass die Vermögensabteilung der Kirchenkreisverwaltung gerade neu aufgestellt werde, um die Gemeinden zukünftig bei der Finanzplanung besser unterstützen zu können.

Presbyterium permanent unterbesetzt

Allerdings hatte Bruckhoff auch eine Hiobsbotschaft im Gepäck: Nach aktuellen Hochrechnungen geht die Landeskirche davon aus, dass im Jahr 2040 nur noch 700 Pfarrer in der ganzen EKiR beschäftigt sein werden – weil der Nachwuchs fehlt und Stellen eingespart werden müssen. Auch die Christusgemeinde wird das vermutlich zu spüren bekommen.

Personalmangel kennzeichnet schon seit der letzten Wahl das Presbyterium der Christusgemeinde – und im letzten Jahr fielen durch Wegzug, Ruhestand und plötzlichen Tod noch drei Mitglieder aus. Dies bedeutete eine enorme zusätzliche Belastung für die verbleibenden Mitglieder, wie Susanne Degenhardt deutlich machte.

Auch das nächste Presbyterium wird nicht alle der entsprechend der Gemeindegröße vorgesehenen zwölf Stellen besetzen können, aktuell haben neun Menschen ihre Bereitschaft erklärt, die Leitung der Gemeinde für die nächsten vier Jahre zu übernehmen.
Dass es hier immer dringlicher wird, die Laien in den Presbyterien durch qualifizierte und professionalisierte Zuarbeiter, z.B. in Zweckverbänden, zu unterstützen und zu entlasten, wurde auch durch entsprechende Wortmeldungen der Anwesenden deutlich.

Gottesdienst mit Trost und Hoffnung

 

Die Liturgie hatte Prädikant Christian Sachse übernommen, unterstützt von Presbyterin (und eigentlich auch KSV-Mitglied) Susanne Degenhardt. Sie führte nach der Schriftlesung aus der Offenbarung des Johannes auch in die ungewöhnliche Form der Predigt ein: Auf Zetteln waren einzelne Verse der Lesung abgedruckt und alle wurden gebeten, sich einen Zettel zu nehmen und kurz Gedanken über den Inhalt zu machen. Auch wenn die vorbereiteten Zettel nicht ausreichten, half man sich untereinander mit Handyfotos und Teilen, so dass alle, die wollten, auch einen Abschnitt erhielten.

Ihre Gedanken zu den – doch teilweise etwas sperrigen – Versen teilten anschließend neun Gemeindemitglieder. Dabei reichten die Äußerungen von Nichtverstehen über vorsichtige Annäherung bis zu sehr persönlichen Assoziationen. Den Reichtum hinter diesen verschiedenen Perspektiven und ehrlich geäußerten Gedanken würdigten Pfarrer Joachim Geis und Prädikant Dr. Stephan Saffer als Einleitung zu den Gedanken, die sie sich wiederum zum Predigttext gemacht hatten. Trost und Hoffnung waren für die beiden die zentralen Erkenntnisse aus diesen Visionen des Johannes. „Trost braucht das Morgen nicht. Aber er prägt das Morgen,“ brach Dr. Saffer eine Lanze für diese Fähigkeit der Menschen (und Gottes), die ihm etwas aus der Mode gekommen scheint. Dabei sei Trost so wichtig, denn im Trost sei Annahme ohne Verzweiflung möglich.

Die Hoffnung macht uns größer als die Angst

Ohne Hoffnung wiederum sei die Zukunft tatsächlich gefährdet als selbsterfüllende Prophezeiung aller Schwarzseher. „Die Hoffnung macht uns größer als die Angst“, appellierte Dr. Saffer an die Gemeinde, ganz im Geiste Jesu mit Barmherzigkeit, Sanftmut und reinem Herzen hoffnungsvoll in die Zukunft zu gehen. Da passte das vertonte Gedicht von Schalom Ben Chorin von 1942 ganz wunderbar (EG 651):

Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt,
ist das nicht in Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?
Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.
Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.
Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt,

das bleibt mir ein Fingerzeig für des Lebens Sieg.

Text: Juliane Siekmann