Fahrradpilgern im Aachener Norden

Spuren der Reformation in der Heimat entdeckt

In der Evangelischen Kirche Broichweiden atmet man Historie: Die Geschichte der ältesten Kirche im Norden des Kirchenkreises Aachen reicht bis in die Anfänge der Reformation zurück. Das Gotteshaus steht in der Christusgemeinde und hieß ehemals „Vorweiden-Lürken“. Zahlreiche Spuren aus dieser Zeit lassen sich in der Gemeinde entdecken. Um diesen Details der Heimat- und Gemeindegeschichte nachzugehen, haben sich jetzt knapp 20 Teilnehmer auf eine Fahrradpilgertour begeben. Im Rahmen des Reformationsjubiläums trafen sich die Mitglieder aus allen Nordgemeinden in einer Sternfahrt zunächst am Alsdorfer Tierpark. Von dort aus ging es über mehrere Stationen insgesamt 20 Kilometer bis zum Ziel, der Evangelischen Kirche Broichweiden an der Jülicher Straße 109.

Kurz vor der Mittagspause erlebte die altersmäßig bunt gemischte Gruppe von der Brücke am Holzweg aus den sogenannten Horizont-Blick: Von dieser Stelle hinter dem Gemeindehaus aus kann man im Winter, wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben, insgesamt zehn Kirchen sehen. Jetzt zur Sommerzeit konnten die Pilger bei strahlendem Sonnenschein acht Kirchen erblicken. Das von Pfarrerin Dorothea-Elisabeth Alders vom Gemeindebezirk Broichweiden ausgewählte Lied für diese Station, „Möge die Straße uns zusammenführen“ passte perfekt zu diesem Anblick.

Wege der Glaubensgeschwister

„Mit den Teilnehmern aus den Gemeinden des Nordkreises sind wir heute auf den Wegen unserer Glaubensgeschwister unterwegs. Vor der Einführung der verschiedenen Gemeinden in Alsdorf, Baesweiler, Broichweiden und Herzogenrath haben sich die Gläubigen zu Fuß auf oft beschwerlich und stundenlang aufgemacht, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern“, erklärt Mitorganisatorin und Presbyterin Susanne Degenhardt. Oft sei auch kein Prediger in der Nähe gewesen. „Dann haben die Menschen sich getroffen, selbst die Bibel ausgelegt und gemeinsam gebetet und gesungen“, erläutert Degenhardt.

Die kleine Kirche in Vorweiden war über viele Jahrhunderte für die Evangelischen des Aachener Nordens und darüber hinaus der einzige Ort, miteinander Gottesdienste und kirchliche Feste zu feiern.

Mittagspause im Gemeindehaus

Im Gemeindehaus erzählte Susanne Degenhardt interessante Details. Bei einem kleinen Imbiss erfuhren die Teilnehmer, dass an der Stelle des Pfarrsaales in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die evangelische Schule stand. Da evangelische und katholische Schüler nicht gemeinsam unterrichtet werden durften, gab es eine Ein-Raum-Schule. Darin wurden alle Schüler von der ersten bis zur achten Klasse gemeinsam unterrichtet. Erst Jahre später wurde ein zweiter Raum eingerichtet.

Nach der Begegnung im Gemeindehaus besuchte die Pilgergruppe mit Susanne Degenhardt und Pfarrerin Dorothea-Elisabeth Alders die Ausstellung in der neuen Evangelischen Kirche. In einem kurzen Vortrag erläuterten die Organisatorinnen die Anfänge des evangelischen Lebens im Aachener Norden. Zum Abschluss mit einer kleinen Andacht ging es in der letzten Etappe des Tages auf den nahegelegenen evangelischen Friedhof an der Buschstraße. „Hier hat alles begonnen“, erzählte Pfarrerin Dorothea-Elisabeth Alders.

An dieser Stelle stand von 1578 bis zu seinem Abriss im Jahre 1849 das erste Gotteshaus der Evangelischen Kirchengemeinde Hoengen-Broichweiden, vormals Kirchengemeinde Vorweiden-Lürken.

In diesem sogenannten Bethaus hörte man 1593 die erste protestantische Predigt in Aachen. Das Gotteshaus stand auf Boden des Herzogtums Jülich unmittelbar an der Grenze zum Aachener Reich. Der hintere Teil des Grundstücks dient seit dem 16. Jahrhundert als Friedhof. Mit dieser ganz besonderen Station in der Geschichte der ältesten Gemeinde im Aachener Norden endete der Radpilgerweg.

Pilgerweg im Oktober

Am Samstag, 7. Oktober 2017, findet eine Wiederholung des Pilgerweges statt. Voraussichtlich zu Fuß geht es dann erneut in einer Stern-Wallfahrt mit Treffpunkt am Alsdorfer Tierpark über mehrere Stationen insgesamt 20 Kilometer bis zum Ziel, der Evangelischen Kirche Broichweiden an der Jülicher Straße 109.

(Text und Bilder: Nina Krüsmann)